Ein Faszinosum in der Musik von Dimitri Schostakowitsch bleibt die ästhetische Doppelbödigkeit, die in der Musik der Moderne kaum Vergleichbares kennt. Besonders die 5. Sinfonie gilt als beispielhaft dafür, wie sich Schostakowitsch scheinbar dem von der Stalin-Diktatur verordneten Kunstdiktat fügte, ohne seine künstlerische Freiheit und Identität zu verleugnen. Der nach klassischen Vorbildern angelegte Zuschnitt ist erfüllt von kraftvoller Bewegung und russischem Melos, die das Stück zuweilen bis an den Rand spätromantischer Verklärung führen. Doch die Idylle trügt. Immer wieder wird die vordergründige Harmonie durch beißenden Sarkasmus erschüttert: So erstarrt das schwungvolle Hauptthema des ersten Satzes bald zu einer marschmäßigen Farce, im unbeschwerten zweiten Satz zerreißt ein schrilles Bläsermotiv den heiteren Gestus. Skrowacziewski vereint den Kontrast von zartem Geigenschmelz und heftigen Blech-Attacken in einer insgesamt schlank angelegten Interpretation, frei von süßlichen Attitüden und forcierter Dynamik. Das ausgewogene Dirigat verbunden mit dem wunderbar durchsichtigen Klangbild der Aufnahme schafft die ideale Grundlage dafür, die vielen Details zu entdecken, die Schostakowitsch 'zwischen den Notenlinien' komponiert hat.
Aufnahme: März 1961 im Northrop Memorial Auditorium, Minneapolis, USA, von C.R. Fine und Robert Eberenz
Production: Wilma Cozart Fine
DMITRI SCHOSTAKOVICH
* Symphony no.5 op.47 *
Stanislaw Skrowaczewski
Minneapolis Symphony Orchestra
SPEAKERS CORNER RECORDS reissue
180 gram premium vinyl